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Wenn der Ball rollt, ist am Eckensee nichts davon zu sehen

Stuttgarter Zeitung, 06.06.2006

Seit dem Wochenende hat die Se-Arena im Schlossgarten geöffnet – Sie soll während der Fußball-WM als Rückzugsraum dienen

Von Matthias Ring

Wer zum Teufel ist dieser Julius Bär, der sich da frech vor die See-Arena gehängt hat? – mag sich manch einer bei seiner Eckenseeumrundung fragen. In Hamburg dient AOL als Namensgeber, in München die Allianz, am Stuttgarter Eckensee ist es die Privatbank Julius Bär. Johannes Zeller, der das stilisierte Fußballstadion auf dem See maßgeblich vorangetrieben hat, spricht denn auch davon, dass man „wie in einem richtigen Stadion die Werbung einbinden kann“.

So muss man auf den 1000 Quadratmetern Kunstrasen schon beide Augen zudrücken, um nicht zu bemerken, wer sonst alles Sponsor ist. Aber immerhin ist man hier weit außerhalb der Fifa-Bannmeile, sodass eine lokale Brauerei und eine Weingärtnereigenossenschaft aus der Region ausschenken dürfen. Für die Gastronomie sind Peter Böhm und Eberhard Aspacher verantwortlich, die in unmittelbarer Nähe das Plenum betreiben und von dessen Infrastruktur profitieren. In der 15 Quadratmeter großen Küche auf dem Eckensee lassen sich zwar keine großen Kreationn zubereiten, aber auch für einen Arena-Teller, Flammkuchen, Pizza, Wraps oder karibische Gemüsepfanne reicht es doch.

Nicht ohne Stolz preist Aspacher auch das an: „was es in keinem Stadion der Welt gibt: Grillwurst vom Albbüffel“. Für Stadionatmosphäre sorgen vor allem die zwei großen Tribünen auf dem See: die eine für die echten Fans, nicht überdacht und zwölf Stufen hoch. Die andere, mit Tischen und Stühlen auf vier Etagen verteilt, kann je nach Bedarf auch als VIP-Lounge von Firmen gebucht werden. Entworfen wurde das dazugehörige Fußballfeld von der Architekturstudentin Janine Reichel, die schon an der Planung des Seestegs für Theater der Welt beteiligt gewesen war. Der Charme des Vorjahrs ist allerdings perdu: statt gekleckert wird nun geklotzt. Aber die See-Arena muss wohl dem Anlass gerecht werden: „Die WM ist mit Abstand das Größte, was die Stadt je gesehen hat“, sagte die Kultur- und Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann bei der Eröffnung.

Wenn der Ball rollt, ist davon auf dem Eckensee nichts zu sehen. Die Großleinwand steht schließlich um die Ecke auf dem Schlossplatz. Auch sonst wird nicht allzu viel Programm auf der See-Arena geboten. Zeller spricht davon, dass ihn die Stadt „weit zurückgepfiffen“ habe. So bliebt es vorläufig bei zwei täglichen Ritualen: Der Los-Gigantes-Trompeter Ralf Groher spielt um 17.45 Uhr die Fußballhymne „You’ll never walk alone“, und jeden Mittag um 12.30 Uhr findet das Nationalhymnen-Raten statt. Beim Eröffnungstest hatte keiner alle vier angespielten Hymnen richtig getippt, sodass El Hadji Diop mit seinen drei Treffern als Gewinner ausgelost werden musste. Der Ingenieur, der seit 1992 in Stuttgart lebt und aus dem Senegal stammt, erkannte auch die Hymne der Elfenbeinküste, für die sein Herz schlägt – ist dch seine Heimmannschaft in der Qualifikation gegen Togo ausgeschieden.

Zwei Programmpunkte sind noch zu nennen: Am 7. Juni liest Joe Bauer von den „Stuttgarter Nachrichten“ mit Unterstützung von Los Gigantes und Michael Gaedt Texte aus dem Strafraum. Und am 13. Juni schicken Kostümbildnerinnen aus dem Staatstheater ihre Fußballkollektion auf den Kunstrasen. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen. Die Pfingstwetterprognose von Baubürgermeister Matthias Hahn war jedenfalls richtig: Pünktlich zum Anpfiff an der See-Arena setzte der Regen ein, was den Bürgermeister schwelgen ließ: „Jetzt stelle man sich das Ganze in einer lauen Sommernacht vor.“

Seine Leute hatten am Morgen noch einmal di Sicherheitsvorkehrungen geprüft. Die Stiftung Warentest kann es sich also sparen, die See-Arena unter die Lupe zu nehmen.

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